Dienstag, 6. September 2016

Stralsunder Wellen und eine lange Nacht

Stralsunder Wellen und eine lange Nacht

Eine liebe Kollegin nimmt Ende des Monats ihren Abschied.
Als meine liebste Kollegin bekommt sie neben dem offiziellen Geschenk von mir noch eines extra – ich bin wirklich traurig, dass sie uns verlässt.
Seitdem ich wieder so intensiv stricke und auch nähe bewundert sie immer voller Andacht meine Werke. Was liegt da näher, als ihr etwas Selbstgemachtes zu schenken?

Die zündende Idee hatte ich spontan und auch etwas spät, nämlich erst Ende August. Einen Schal soll sie bekommen, und zwar aus einem ganz besonderen Garn, das schon seit über einem Jahr in meiner Schatzkiste schlummert:

Findley Dapple von Juniper Moon Farm, in der Farbe „Macaw“ – was mich an eine Pfauenfeder erinnert. Das Garn ist einfach eine Wucht. Sehr luxuriös – 50% Seide, 50% Merino, mit einem sehr edlen Schimmer und leuchtenden, intensiven Farben. Dabei ganz dünn – ein Knäuel von 100 g hat eine sagenhafte Lauflänge von fast 800 m. Daher will es auch mit entsprechend dünnen Nadeln gestrickt werden. Was sich wiederum auf die Zeit auswirkt, die  es braucht, den Schal fertigzustellen. Knapp drei Wochen habe ich Zeit.

Nach der Eingebung für das Material suchte ich nach Mustern. „Meandering“ von Hayley Tsang Sather gefiel mir ausnehmend gut und schien auch nicht zu schwierig. Also wurde angenadelt und ein paar Rapporte gestrickt.

Leider gefiel mir das Ergebnis nicht so recht, und eine schnelle Umfrage auf Facebook ergab: „Garn frisst Muster“. Zwei Abende verloren – aber nützt ja nix!



Also habe ich aufgeribbelt und einen neuen Versuch gewagt mit dem Muster „Wellen in pink“  von Sue Berg. Monika hatte dieses Muster schon gestrickt, es gefiel mir bei ihr schon sehr gut, und es ist wirklich einfach zu stricken. Das Ergebnis schon nach einem Abend Stricken gefiel mir (und der Facebook-Gemeinde) dann deutlich besser. Muster und Farbverlauf gehen gut zusammen:
 

Damit ich das schöne Stück, das ja auch noch gewaschen und gespannt werden muss, rechtzeitig fertig bekomme, stricke ich wirklich in jeder freien Minute – so auch auf der Fahrt nach Stralsund, wo mein Mann und ich die Lange Nacht des offenen Denkmals besucht haben:



Wart ihr schon mal in Stralsund? – Es lohnt sich! So eine wunderbare Stadt! Eine Augenweide nach der Sanierung der historischen Altstadt, die es zusammen mit der Altstadt von Wismar zum Welterbe gebracht hat. Die Lange Nacht des offenen Denkmals lässt einen an einem Abend ein bisschen hinter die Kulissen historischer Gebäude blicken, auch solcher, die man regulär nicht besuchen würde oder auch kann, weil sie in Privatbesitz sind. Unsere Unterkunft war die absolute Pole Position, gleich am Marktplatz und mitten im Geschehen. Von dort war keiner der fast 30 Veranstaltungsorte weit entfernt. 

Auf der Gorch Fock I gab es Travestie mit Tante Peggy:

 Das Ozeaneum hatte das Pinguin- und die Ostseeaquarien geöffnet, in der ehemaligen Eisengießerei sorgten die Stralsunder Trommelschule mit der Gruppe Yooku und Alino Yes Papa aus dem Benin für afrikanisches Flair (seither will der beste Ehemann der Welt eine Trommel – die beiden Gruppen waren aber auch echt der Hammer!) – als Kontrast dazu gab es in der großartigen Kulisse der Nikolaikirche zarte Klänge von Mozart und Haydn, und im Ratskeller unterhielt Leif Tennemann vom NDR 1 mit Einblicken in das Leben als Telefonschreck. 

Ein absolut buntes, abwechslungsreiches Programm mit über 30 Veranstaltungen, für jeden Geschmack ließ sich etwas finden – nur leider reichte ein Abend bei Weitem nicht, alles anzusehen.


Ein Höhepunkt für mich war das Straßenfest in der Badstüberstraße. Hier stellen die Anwohner Bierbänke auf, es gibt einen Grill, einen Getränkestand, aus einem Küchenfenster wird Kuchen und Kaffee auf die Straße verkauft. Man setzt sich, wo man Platz findet und ist ruckzuck im Gespräch mit anderen Besuchern und Anwohnern. Die öffnen teilweise auch ihre Häuser und Ateliers, und man erhält Einblicke in die Architektur der denkmalgeschützten Häuser. Was von außen so niedlich aussieht ist von innen eng und schief, hat steile Treppen und kleine Fenster – aber ist mit viel Liebe hergerichtet und saniert. Häufig von  Wolf-Dieter Thormeier, ein Restaurator, der zahlreiche Gebäude in Stralsund restauriert hat und in seine Werkstatt lädt. Durch einen TV-Bericht über Herrn Thormeier und seine Arbeit sind wir überhaupt auf die Idee gekommen, die Veranstaltung zu besuchen – und nun steht der Meister in seiner Werkstatt fachkundig Rede und Antwort. Wie aufregend!

Ach was war das für ein toller Abend in einer tollen Stadt! Das Wetter spielte netterweise auch mit, es war trocken und mild, und bei der Abschlussveranstaltung mit Feuerwerk und Pyro-Show freuten sich die Besucher über die lauen Temperaturen. 

Auf der Rückfahrt wurde wieder gestrickt - der beste Ehemann der Welt fährt nämlich gerne Auto:
 

Nach nun einer knappen Woche ist der Schal schon etwas über 60 cm lang. Also fehlt noch etwa ein Meter, für den ich noch 2.5. Wochen Zeit habe. 


Mein Whippet, der wegen akuter Materialknappheit Pause machen musste, muss allerdings auch noch vor dem Urlaub fertig werden, denn er soll unbedingt mit. Aktuell fehlt noch ein Ärmelbündchen, für das ich tatsächlich noch einmal Wolle nachbestellen musste.
Meint ihr nicht auch, manchmal bräuchte der Tag mehr als 24 Stunden, und das Wochenende mehr als zwei Tage?

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1 Kommentar:

Monika hat gesagt…

Ein toller Bericht! Ich drücke dir die Daumen, dass du fertig wirst!!
LG Monika